|  Presse

Kein Sprint, ein Marathon

Der „Fahrplan“ für vollständige Barrierefreiheit im Kasseler ÖPNV

Kassel, 20. Juli 2022. Der ebenerdige Einstieg in öffentliche Verkehrsmittel bietet nicht nur mobilitätseingeschränkten Fahrgästen der KVG viele Vorteile. Bei niederflurigen Bussen und Bahnen erreicht die KVG schon seit Jahren die Quote von 100 Prozent. Um jedoch die gesetzlich vorgeschriebene „vollständige Barrierefreiheit“ zu erfüllen muss sie, wie alle bundesdeutschen ÖPNV-Unternehmen, noch ein gutes Stück Weges zurücklegen. Dazu hat die KVG jetzt ein Regiebuch für Bushaltestellen erstellt. Daneben konzipiert sie auch die „vollständige Barrierefreiheit“ für den Straßenbahnbereich. Für beide Projekte sind Gesamt-Investitionen von etwa 79 Millionen Euro kalkuliert und eine Umsetzungsdauer bis 2058 (Bus) und 2063 (Bahn).

Welche Bushaltepunkte sind im Sinne des novellierten Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) und der dazu gehörenden DIN-Norm bereits ausreichend barrierefrei, wo muss nachgebessert werden und welche Haltepunkte erfüllen die Kriterien noch nicht? Diese Fragen hat die KVG jetzt für alle 550 Bushaltepunkte in 273 Bushaltestellen im Stadtgebiet Kassel beantwortet und in einem „Regiebuch“ festgehalten.

Demnach werden im ersten Schritt alle 172 noch nicht barrierefreien Bushaltepunkte bis 2032 vollständig umgebaut, modernisiert und mit einem Blindenleitsystem ausgestattet. Die Ausstattung dieser Haltestellen sowie weiterer Straßenbahnhaltestellen mit um Beispiel ertastbaren Bodenelementen bezuschusst das Hessische Verkehrsministerium mit fast 700.000 Euro bei Gesamtkosten von gut 900.000 Euro. Ab Herbst dieses Jahres stehen die Haltestellen Kleiner Holzweg, Hauptfriedhof, Messehallen, Döllbachaue, documenta urbana und Waldemar-Petersen-Straße im Programm – ein Investitionsvolumen von fast zwei Millionen Euro, wovon Hessen Mobil voraussichtlich 85 Prozent der förderfähigen Kosten übernehmen wird.

In der zweiten Etappe werden nach 2032 jene fast 300 Bushaltepunkte umgebaut, die heute dem Standard „weitreichend barrierefrei“ entsprechen und verbessert werden müssen. Dieses Programm im finanziellen Umfang von rund 29 Millionen Euro wird etwa 2058 abgeschlossen sein.

28 Bushaltepunkte erfüllen schon heute die Kriterien der „vollständigen Barrierefreiheit“, hier sind also keine zusätzlichen Arbeiten notwendig.

52 Bushaltepunkte im Stadtgebiet Kassel werden nach aktuellem Stand nicht umgebaut. Darunter fallen solche, die die nur selten im Linienverkehr oder nur zum Beispiel mit Anrufsammeltaxen (AST) bedient, die als Wanderhaltestelle von weniger als fünf Fahrgästen pro Tag genutzt werden, oder wo anderweitige Planungen noch nicht abgeschlossen sind.

„Vollständige Barrierefreiheit“ ein Muss auch für Straßenbahnen

Neben dem Busbereich ist auch für die Straßenbahnen „vollständige Barrierefreiheit“ ein Muss. Dafür hat die KVG ein gesondertes Konzept entwickelt. Hintergrund ist, dass sich die Vorgaben aufgrund der unterschiedlichen Trammodelle der KVG nur in zwei Schritten erreichen lassen, wozu auch ein Umbau von Bahnkomponenten gehört.

Im ersten Schritt erhalten ab dem kommenden Jahr mehr als 200 Bahnsteige in 99 Straßenbahnhaltestellen in Kassel eine Teilerhöhung. Darüber hinaus wird an mehr als jeder vierten der etwa 80 Straßenbahnen der KVG die Klapprampentür gekürzt, damit sie auf dem Bahnsteig nicht aufsetzt. Weiteren 53 Straßenbahnen erhalten je eine oder zwei neue, längere Klapprampen. Hessen Mobil bezuschusst das Bahnsteigprojekt im Gesamt-Investitionsvolumen von rund 2,4 Millionen Euro mit etwa 80 Prozent. Für den Teilumbau der Fahrzeuge veranschlagt die KVG Kosten von etwa 220.000 Euro.

Im zweiten Schritt, ab etwa 2038 bis etwa 2063, werden die provisorisch erhöhten Bahnsteige umgebaut, damit der Einstieg an allen Straßenbahntüren in der Regel ohne Klapprampe möglich wird. Der Spalt zwischen Bahnsteig und Fahrzeug soll ebenfalls weiter reduziert werden. Möglich werden diese dauerhaften Lösungen, weil die KVG dann bis zu 40 neue Straßenbahnen in ihren Dienst gestellt haben wird.